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Remote arbeiten im Ausland

Remote arbeiten aus dem Ausland - Tipps fürs ortsunabhängige Arbeiten

Wie schafft man es seinen Büro-Job in ein ortsunabhängiges Arbeitsmodell umzuwandeln? Christoph weiß wie’s geht: Seit über 2 Jahre arbeitet er remote und bereist die Welt. Im Interview berichtet der 31-jährige Entwicklungsingenieur von den Höhen und Tiefen seiner Job-Transformation und wie er trotz Festanstellung remote arbeiten kann.

Wie bist du zum ortsunabhängigen Arbeiten gekommen?

Den ersten Schritt in die remote-Arbeitswelt habe ich mit „Remote Year“ gemacht. Das ist ein amerikanisches Unternehmen, was Leuten mit einer Remote-Arbeitsstelle anbietet, in einer Gruppe zu reisen und zu arbeiten. Dabei kümmert sich Remote Year um alles – Flüge, Apartments und Gruppenveranstaltungen. In 12 Monaten werden 12 Städte rund um den Globus für jeweils 4 Wochen besucht. Die Erlebnisse sind unbeschreiblich! Durch die Gruppenkonstellation, die das ganze Jahr bestehen bleibt, fühlt man sich niemals einsam und hat immer sofort Anschluss. In diesem ersten Jahr habe ich Europa, Asien und Südamerika gesehen, das wird wohl in Zukunft schwer zu überbieten sein!

War es schwer das Arbeitsmodell in deiner Firma durchzusetzen?

Ja, es sehr schwer sogar, weil niemand Erfahrung auf diesem Gebiet hatte und keiner mit mir diesen Schritt wagen wollte. So vergingen einige Monate mit diversen Besprechungen in unterschiedlichen Führungsebenen bis es dann endlich geklappt hat. Ausschlaggebender Punkt war, dass ich dank der Organisation durch Remote Year betonen konnte, dass es keine infrastrukturellen Problemen geben wird und immer Backup-Lösungen vorhanden sind. Das hat meine Firma überzeugt, mich losreisen zu lassen. Nach den zwölf Monaten ortsunabhängigen Arbeitens habe ich in der Firma so viel Vertrauen gewonnen, dass ich dieses Arbeitsmodell auch ohne „Reisegesellschaft“ weiterführen konnte.

Warum wolltest du ortsunabhängig arbeiten?

Ich wollte meinen Arbeitsalltag anders gestalten. Ich bin schon sehr lange bei meinem derzeitigen Unternehmen angestellt, habe währenddessen zwei Studiengänge durchlaufen und war dadurch Abwechslung und zusätzlichen Stress gewöhnt. Daher kam mir das einzig und alleinige Arbeiten nicht mehr aufregend genug vor. Also suchte ich nach Alternativen bis ich dann bei Facebook die Werbeanzeige für „Remote Year“ sah. Ich bin generell gerne unterwegs und wollte mich damals nicht auf einen Ort festlegen. Daher kam diese Anzeige wie vom Schicksal gesendet. Ich habe mich beworben und ein paar Monate später saß ich mit meinem Laptop im Gepäck im Flieger nach Kroatien.

Ein mutiger Schritt! Hattest du keine Sorgen?

Doch! Bevor ich losgezogen bin, waren meine größten Ängste, dass es Probleme mit der Infrastruktur in verschiedenen Ländern gibt (kein Wifi/Internet). Denn die Ausrede „ich hatte kein Internet“ zählt bei einer Festanstellung nicht oder nur für einen kurzen Zeitraum. Allerdings haben sich meine Befürchtungen nicht bestätigt. Das Internet war überall ausreichend gut. Man sollte allerdings darauf achten, vorher gut zu recherchieren oder Ballungsgebiete zu bereisen, die zwangsläufig eine gute Infrastruktur haben.

Wie ging es nach deinem „remote Year“ weiter?

Auf meiner Reise habe ich meine Freundin kennen gelernt, sie kommt aus den USA. Daher bin ich nach meinem ersten remote Jahr mit ihr für 6 Monate nach Denver gegangen. Da die Zeitumstellung 8 Stunden beträgt, starteten meine Tage in den USA meist sehr früh: Spätestens um 6 Uhr bin ich online, manchmal auch um 3 Uhr für Telefonkonferenzen mit Kunden. Das ist der Preis, den ich gerne zahle! Mit den deutschen Kollegen ist ausgemacht, dass sie mich nachmittags telefonisch erreichen können. Das funktioniert sehr gut! Wenn es in Denver 10 Uhr ist, kann ich mir den Rest des Tages selbst einteilen, da keiner meiner deutschen Kollegen mehr arbeitet. Für mich ist es dann an der Zeit den Arbeitsort zu wechseln: Von der Wohnung geht’s ins Café oder die Bibliothek.

Remote Arbeiten im Ausland - immer an neuen Orten arbeiten

Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus?

Mein Arbeitsalltag ist abhängig von der Zeitzone, in der ich mich gerade befinde. In jedem Fall brauche ich 3 bis 4 Stunden Überlappung mit der deutschen Arbeitszeit. Daher starten meine Tage in der westlichen Welt sehr früh, während ich in Asien ein Spätaufsteher sein kann. Aber grundsätzlich lässt sich folgendes sagen: Mein Tag besteht aus zwei Teilen. In einem Teil bin ich am Telefon verfügbar, nehme an Konferenzen teil und arbeite dringende Sachen direkt ab. Im anderen Teil bin ich komplett offline und kümmere mich um die Dinge, die Konzentration und Ruhe benötigen.

Meinen Aufgaben entsprechend suche ich mir meinen Arbeitsort aus – mal Zuhause, im Café, der Strandbar oder in der Bibliothek.

Wenn ich jede Menge Mails zu checken habe, tut es ein Café, wo es auch einmal laut sein kann. Wenn ich weiß, ich muss konzentriert arbeiten, dann setze ich mich lieber in eine Bibliothek. Generell versuche ich einen Ort niemals zur Gewohnheit werden zu lassen, um immer wieder neue Eindrücke zu sammeln, die meine Kreativität fördern.

Was ist dein Resümee nach 2 Jahren remote work?

Remote zu arbeiten funktioniert viel besser, als ich es mir je vorstellt habe. Wenn man strukturiert ist und sich gut selbst organisiert, bringt es einem viel mehr Freiheiten – ohne die Pflichten im Job zu vernachlässigen.

Bessere Work Life Balance dank remote Arbeiten

Was sind die Vor- und Nachteile des ortsunabhängigen Arbeiten?

Der größte Vorteil, den remote Arbeit für mich bietet, ist die Flexibilität. Um eine internationale Beziehung aufrecht zu erhalten, bedarf es einiger Flexibilität, ohne direkt vor der Entscheidung zu stehen in das Heimatland der Partnerin auszuwandern. Außerdem steigert es meine Produktivität immens, wenn ich mir meine Arbeitszeit selbst einteilen kann. Bin ich nach dem Mittagessen müde, kann ich eine Pause einlegen und bin dann wieder richtig fit, wenn ich später den Laptop öffne. Als weiteren Vorteil sehe ich die deutlich ausgewogenere Work-Life-Balance.

Mein Stresslevel ist deutlich gesunken, da ich mich nach Feierabend wie im Urlaub fühle.

Außerdem liebe ich es nach Feierabend surfen zu gehen, Ski zu fahren oder andere Dinge zu machen, wozu man sonst nur im Urlaub die Möglichkeit hat. Dabei kann ich wirklich abschalten.

Auf Unternehmensseite sehe ich deutliche Vorteile im Recruiting. Remote Arbeit ist heutzutage ein sehr großes Aushängeschild für Unternehmen. Darüber hinaus ist der Pool von potentiellen Bewerbern nicht auf eine Region begrenzt, sondern weitet sich immens aus – gerade in Gebieten mit Fachkräftemangel kann das eine große Rolle spielen.

Wenn ich einen Nachteil nennen sollte, wäre es die reduzierte Kommunikation zu Kollegen. Dies beziehe ich auf Unternehmen, die teils remote und teils im Büro arbeiten. Wenn man remote arbeitet, ist man ein Stück weiter weg vom Team als die Leute im Büro. Seine Kollegen bereits gut zu kennen, bevor man loszieht, ist hilfreich.

Tingelst du um die Welt oder hältst du dich lieber länger an einem Ort auf?

Im ersten Jahr bin ich sehr viel um die Welt getingelt; 10 Länder in 12 Monaten ist sportlich. Auf die Dauer wird das sehr anstrengend.

Derzeit bleibe ich mindestens 3 Monate an einem Ort. So kann man sich viel besser einleben und die Gegenden kennenlernen. Zwischendurch schaue ich jährlich für mindestens 3 Monate bei meiner Familie vorbei.

Remote Arbeiten im Ausland - immer an neuen Orten arbeiten und Neues entdecken

Inwiefern hat sich dein Leben seitdem du remote arbeitest verändert?

Es hat sich so ziemlich alles geändert. Ich kann so viel sehen und Neues entdecken, wovon ich nie geträumt hätte, dass ich es einmal erleben werde.

Mein Weltbild ist offener geworden, ich habe Verständnis für verschiedenste Kulturen entwickelt und gelernt, worauf andere Länder Wert legen.

Darüber hinaus habe ich meine Freundin kennen gelernt, die aus den USA kommt. Ohne meine remote Arbeit wären wir uns mit Sicherheit nicht begegnet.

Welche Orte kannst du digitalen Nomaden empfehlen?

Generell empfehle ich Städte und Ballungsgebiete, da man immer gutes Internet findet. Zu meinen Favoriten gehören Medellín (Kolumbien) und Chiang Mai (Thailand). Positiv überrascht war ich von der mexikanischen Kleinstadt Puerto Escondido. Um zu schauen, ob eine Stadt für digitale Nomaden geeignet ist, nutze ich folgende Indikatoren: Gibt es in der Stadt Workspaces? Gibt es in der Stadt Gruppen für digitale Nomaden auf Facebook oder anderen Plattformen?

Was kannst du Menschen raten, die ebenfalls remote arbeiten wollen?

Wenn ihr remote arbeiten wollt, dann tut es! Lasst euch nicht von dem Gedanken abbringen! Ich kenne viele Leute, die ihren Job gekündigt haben, um zu reisen und remote zu arbeiten. Auf dem Weg lernst du jede Menge Menschen kennen, erhältst viel Input, was man machen kann und wo es Möglichkeiten gibt. Viele geben anfangs Sprachkurse auf verschiedenen App-Plattformen, um sich über Wasser zu halten. Wenn man bedenkt, dass man in anderen Ländern mit rund 500€ gut leben kann, ist das über Wasser halten nicht sonderlich schwer. Natürlich ist das keine Langzeitlösung, aber irgendwann trifft man jemanden, der den richtigen Tipp für einen remote Job hat, wenn man ihn dann nicht schon selbst gefunden hat.

Hast du einen Tipp, wie man eine „remote Festanstellung“ findet? 

Remote Festanstellungen sind in Deutschland sehr schwer zu finden. Hier würde ich auf die Startup-Szene, die sich im Raum Berlin aufhält, verweisen. Darüber hinaus sind mir nicht viele Jobangebote bekannt. Ich denke, dass das Problem oft im Bereich Versicherungsschutz o.Ä. liegt und sich Unternehmen oft nicht trauen neue Arbeitsmodelle auszuprobieren. Persönlich bin ich bei Xing, LinkedIn und Glassdoor angemeldet und habe dort vermerkt, dass ich ausschließlich remote Jobs suche. Glassdoor bietet auch einen Benachrichtigungsservice per Email an, wenn Jobs mit bestimmten Schlagworten, z.B. „remote“, getaggt sind.

Bei Freunden, die ebenfalls remote für ein deutsches Unternehmen arbeiten, lief es ähnlich ab wie bei mir: Sie haben festangestellt im Büro angefangen und dann das Unternehmen von den Vorzügen der remote Arbeit überzeugt. Ich denke, das ist ein guter und gangbarer Weg.

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