Auswanderer vorgestellt

Der Traum vom eigenen Hotel

Deutsche auf Teneriffa: Auswanderer Lothar berichtet übers Leben auf Teneriffa

Wenn nicht jetzt, wann dann? Diese Frage beschäftigte Lothar lange, bevor er sich einen Ruck gab und seinen gut bezahlten Job in München kündigte. Er träumte vom eigenen Business mit einer kompletten Klimaveränderung. So kam es, dass der 40-jähre Potsdamer vor fünf Jahren in den Flieger stieg und sein Glück auf Teneriffa versuchte.

Was war damals der Grund, warum du ausgewandert bist?

Zwölf Jahre war ich im Finanzdienstleistungssektor tätig. Ich mochte meinen Job, aber am Ende wurde die Lernkurve immer flacher. Ich suchte nach einem neuen Kick und einer neuen beruflichen Herausforderung. Ich wollte etwas riskieren und mal was total anders machen. Jahrelang hatte ich als Revisionsleiter geprüft, wie andere ihr Geschäft machen. Ich wollte das nun selbst ausprobieren. Das Business wollte ich nicht in Deutschland, sondern im Ausland aufbauen. Was ich genau machen wollte, wusste ich damals noch nicht. Aber ich war bereit, mich auf die Reise zu begeben. Im Dezember 2013 habe ich das Auto mit allen notwendigen Sachen vollgepackt und bin gen Süden gefahren. Drei Tage auf der Straße und zwei auf der Fähre, dann kam ich am Heiligabend in meinem neuen Zuhause an.

Warum wolltest du auf einer kanarischen Insel leben?

Ich wollte Spanisch lernen, geiles Wetter und eine tolle Natur haben. Die Lebenserhaltungskosten sollten günstiger sein. Die Kanaren sind weit genug weg, aber wir sind immer noch in Europa und in der EU.

Hattest du Angst vor dem Schritt?

Ich hatte gar nicht so sehr Angst vor Teneriffa, vielmehr war es schwierig für mich aus der Komfortzone auszubrechen; den gut bezahlten Job einfach so aufzugeben. Aber die Angst war Motivation zugleich: Wollte ich mich wirklich von ihr abhalten lassen?  

Die Entscheidung hat sich über ein Jahr hingezogen. Soll ich? Soll ich nicht? Irgendwann war ich so genervt von dem hin und her, dass ich einfach die Entscheidung getroffen habe, es zu probieren. 

Wie bist du dann zu deinem Business auf Teneriffa gekommen?

Ich habe es erstmal entspannt angehen lassen und meine Freiheit genossen. Vorher hatte ich gespart, um auf Teneriffa, wo die Lebenserhaltungskosten deutlich geringer sind als in München, mindestens zwei Jahre leben zu können. Mein Vorsatz war, in dieser Zeit auf meine Business-Idee zu kommen. Ich wollte mich öffnen, neue Leute kennenzulernen und die Sprache noch besser lernen. Meine Idealvorstellung war, ein Projekt mit jemanden zusammen zu machen, also einen Geschäftspartner auf Teneriffa zu finden.

Wie hast du auf Teneriffa Leute kennengelernt?

Vor allem durch Aktivitäten: Ich bin einer Wandergruppe beigetreten, die ich über die Plattform „Milanuncios“ gefunden hatte, habe mich bei Couchsurfing angemeldet und dadurch viele Meetings und Events besucht, habe mit dem Padel spielen begonnen, einen sechsmonatigen Massage-Kurs gemacht und so weiter. Ich war wirklich aktiv, habe viel Neues ausprobiert, bin offen an Alles ran gegangen und habe dann schnell viele Leute kennengelernt.

Wie ging es dann mit deiner Business-Idee weiter?

Über die Wandergruppe habe ich tatsächlich meine spätere Geschäftspartnerin kennengelernt. Wir freundeten uns an und stellten fest, dass wir ähnliche Vorstellungen hatten. Wir wollten im Tourismusbereich etwas aufbauen und ein Hotel aufmachen. Sechs Monate lang haben wir auf Teneriffa und Gran Canaria nach einem geeigneten Objekt gesucht, aber nichts Passendes gefunden. Schließlich wurden wir auf La Gomera fündig. Dort stand eine Finca zur Miete, die bereits die Lizenz für den Hotel-Betrieb hatte.

Denn diese Finca wurde vorher bereits touristisch genutzt, aber nicht erfolgreich. Wir haben sie komplett renoviert, die Webseite erneuert, Partnerschaften mit Buchungsportalen geschlossen und vieles mehr. Nach zwei arbeitsintensiven Monaten konnten wir uns ab dem dritten Monat bereits ein Gehalt auszahlen. Mit meiner Geschäftspartnerin ergänze ich mich perfekt: Ich übernahm den wirtschaftlichen Part und sie ist für das „Wohlfühlen“, das Design und die Ausstattung, zuständig. Seit drei Jahren läuft unser Business erfolgreich.    

Wie hat sich deine Arbeit verändert?

Meine Arbeit als Selbstständiger unterscheidet sich grundlegend vom Angestelltenverhältnis. Ich habe viel mehr Verantwortung für das Ergebnis. Es besteht ein direkter Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg und meiner Leistung. Mache ich gute Arbeit, dann verdiene ich auch entsprechend. Im Vergleich zu früher arbeite ich vielleicht etwas mehr, aber es fühlt sich anders an. Freizeit und Arbeit verfließen mehr bei der Selbstständigkeit. Da wir zu zweit sind, habe ich trotzdem eine gute Work-Life-Balance. Meine Geschäftspartnerin und ich wechseln uns ab: Eine Woche arbeitet sie auf La Gomera, eine Woche ich. Der direkte Kundenkontakt gefällt mir besonders. In unserem Hotel Las Casas del Chorro lerne ich die unterschiedlichsten Menschen kennen und habe Kontakt zu Gästen aus aller Welt.

Ist es schwer auf Teneriffa selbstständig zu sein?

Die Bürokratie stellt eine extrem hohe Hürde dar. Keiner macht die Steuererklärung selbst, sondern überlässt sie dem Steuerberater (sogenannte „Gestoría“). Die Beratung spart Zeit und Nerven. Und wenn du auf Teneriffa selbstständig bist („Autónomo“), dann musst du automatisch in die Kranken- und Rentenkasse einzahlen. Später werde ich dann mal eine deutsche und spanische Rente erhalten.

Warum lebst du auf Teneriffa, nicht auf La Gomera?

Mein Lebensmittelpunkt ist auf Teneriffa – hier habe ich all meine Freunde. Der Freundeskreis ist für mich das Entscheidende. La Gomera ist ein Naturparadies, aber für mich ist nur Teneriffa komplett. Du hast auf Teneriffa einfach alles: Wälder, Strände, Berge, gutes Essen, Theater, Kinos – Stadtleben und Natur. Ich war auf allen kanarischen Inseln, aber keine hat sich so komplett angefühlt wie Teneriffa.

Was sind deine drei Lieblingsorte auf Teneriffa?

Die Costa Sauzal, da gehe ich gerne mit meinem Hund spazieren. Das „Café del Mar“ in Poris de Abona ist einer meiner absoluten Lieblingsorte. Zum Wandern gehe ich gerne ins Anaga-Gebirge; dort mag ich die Region „El Pijaral“ besonders. 

Du sprichst sehr gut Spanisch, wie hast du die Sprache gelernt?

Ich habe ein Jahr vor dem Abflug nach Teneriffa bereits mit dem Spanisch-Lernen begonnen. DVDs, Bücher und ein regelmäßiges Tandem mit einem Spanier haben mir sehr geholfen. Eine Sprachschule habe ich nie besucht. Hier auf Teneriffa spreche ich jeden Tag spanisch; mit Freunden, Geschäftspartnern, auf der Straße.

Wie hat dich das Leben auf Teneriffa verändert?

Ich bin viel offener für Neues und sehe der Zukunft viel entspannter entgehen.

Ich plane nicht mehr bis ans Lebensende, sondern lebe im Hier und Jetzt.

Ich lebe bewusster, nehme Dinge intensiver wahr. Meine Zeit verbringe ich viel mehr draußen und in der Natur und mit Freunden.

Was würdest du anderen Auswanderern empfehlen?

Bringt Geduld mit! Denn auf den Kanaren läuft vieles anders und oft auch langsamer. Integration ist ganz wichtig. Eine Schlüsselrolle spielt dabei sicherlich die Sprache. Außerdem: Zeitung lesen! So erfährst du,  was auf der Insel eigentlich abgeht und kannst mitreden. Wie ist die politische und wirtschaftliche Lage? Was für Probleme gibt es? Aber auch welche kulturellen Angebote, Festivals und Veranstaltungen werden geboten? Ich lese täglich die Zeitung „Diario de Avisos“ und bleibe so auf dem Laufenden.

Kannst du dir vorstellen zurück nach Deutschland zu gehen?

Momentan nicht, aber generell ja. In fünf Jahren auf Teneriffa hat man alles gesehen. Aber im Moment fühle ich mich wohl und werde vorerst bleiben. Die Welt ist riesengroß – wer weiß, vielleicht geht es auch irgendwann woanders hin. Wie sagt ein Freund von mir so schön:

Ich bin kein Baum, also kann ich mich bewegen.

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